Bensersiel Im Streit um die illegal gebaute Umgehungsstraße von Bensersiel sind die Chancen auf eine außergerichtliche Einigung zwischen der Stadt Esens und dem Eigentümer der Straßenflächen stark gesunken. Die Stadt will kein neues Angebot mehr machen, nachdem der Eigentümer, ein Dortmunder Jurist, in der vergangenen Woche die Millionen-Offerte vom Dezember ausgeschlagen hatte. Das Landgericht Aurich wird nun am 19. Januar voraussichtlich über die Höhe von Entschädigungszahlungen für den Kläger entscheiden.
„Wir können heute nicht mitteilen, dass es ein neues Angebot gibt“, sagte Stadtdirektor Harald Hinrichs (parteilos) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Esens. Die Stadt stehe aber für weitere Gespräche zur Verfügung. „Wir sehen die Verhandlungen damit noch keinesfalls als gescheitert an“, betonte Hinrichs.
Esens Bürgermeisterin Karin Emken (SPD) betonte, dass sie die Absage des Eigentümers bedauere. „Wir haben sehr gehofft, dass wir mit diesen beiden Angeboten zu einer gütlichen Einigung kommen.“ Emken widersprach der Darstellung des Klägers, dass sich die Stadt nicht an Absprachen gehalten habe.
Die Kommune fühlt sich an die Verschwiegenheitsvereinbarung mit dem Eigentümer nicht mehr gebunden und legte am Mittwoch erstmals offiziell ihre Angebote auf den Tisch. Danach hatte die Stadt im Dezember pauschal drei Millionen Euro für den Kauf der landwirtschaftlich genutzten Flächen des Eigentümers (71 Hektar) angeboten. Alternativ hatte die Stadt angeboten, die reine Straßenfläche auf den Grundstücken des Eigentümers (ca. 52.000 Quadratmeter) zum Pauschalpreis von 1,5 Millionen Euro zu kaufen. Diese Summe liege deutlich über dem vorliegenden Wertgutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen, betonten die Stadtvertreter. Der Rat sei sich bei den Angeboten einig gewesen. „Unser Interesse ist es nicht, den kompletten Grundbesitz des Klägers zu erwerben. Wir haben ein Interesse, die Straße zu behalten“, sagte Hinrichs. Er hofft auf ein weiteres Gespräch mit dem Eigentümer und regte ein Mediationsverfahren an.
Die rund 8,4 Millionen Euro teure Straße im Kreis Wittmund, die 2011 für den Verkehr freigegeben wurden, war trotz Warnungen von Naturschützern durch ein Vogelschutzgebiet gebaut worden. Der Grundstücksbesitzer hatte dagegen geklagt und mehrere Prozesse bis zum Bundesverwaltungsgericht gewonnen. 2015 erhielt er seine für den Bau enteigneten Flächen zurück. Seit Juni 2017 ist die 2,1 Kilometer lange Straße für den Verkehr gesperrt, seit November nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg mit Baken und Betonblöcken.
Die Stadt hofft, die Straße mit einem neuen Bebauungsplan legalisieren zu können. Laut Hinrichs würde ein Abriss rund 2,1 Millionen Euro kosten. Die für den Bau bewilligten Fördergelder von 5,3 Millionen Euro vom Bund müssten aber in keinem Fall zurückgezahlt werden.
Quelle: NWZ – Online (Marco Seng) 11.01.18